Phase 2
Projektbeitrag
1002

Quickfacts:

Das Urheberrecht obliegt den zuständigen Planungsteams und den Verfassern.

Leitidee & Entwurfskonzept

„Ein Ort als Haus“

Im Kerngebiet des neuen „Brainergy-Parks“ bei Jülich liegen eine historische Obstwiese und ein Artenschutzgebiet. Zwischen diesen Freianlagen befindet sich das Grundstück für den sogenannten Brainergy-Hub, einen Neubau, der zukünftig das Herzstück der Gesamtanlage bildet.
Das Baufeld ist also im Norden und Süden durch die beiden Freianlagen begrenzt, während seine Erschließung aus südwestlicher und östlicher Richtung von zwei Seiten erfolgt. So entsteht an zentraler Stelle eine Art „Kreuzung“ aus Natur beziehungsweise Landschaft und zweier befestigter Wegstrecken.

Diese Schnittstelle bildet als ein zentraler Ort – und weniger als ein klassisches Gebäude – die konzeptionelle Basis für den Entwurf. Der „Ort“ vervollständigt mithilfe der liebevoll gestalteten Landschaftsarchitektur einen Grünzug vom nördlichen Artenschutzgebiet hin zur Obstwiese und verbindet alle neuen Wegstrecken an einem offenen, ebenerdigen Forum:
Während sämtliche Allgemeinflächen und publikumsintensive Nutzungen des Hauses in Form dreier begrünter Erdhügel in der Landschaft liegen und einen räumlich angenehm gefassten Platz am Wasser (das Forum / das Foyer unter freiem Himmel) bilden, sind alle Büro-Arbeitsplätze darüber auf zwei Etagen in einem rechteckigen „Ring“ aus einer Holzkonstruktion untergebracht. Die Landschaft, das Wasser, ein Platz, ein Pfad, eine Straße und der Neubau liegen im Sinne dieser Lesart vielmehr übereinander als nebeneinander. Unter dem flachen, zeichenhaft auf der Landschaft sitzenden Büro-Ring entsteht ein offenes Forum – einem Foyer im Freien gleich – am Wasser, das Passanten einen einladenden und niederschwelligen Zugang von allen Seiten bietet.

Zudem sind alle notwendigen Technikanlagen des Neubaus in den Erdhügeln im Rücken der Allgemeinflächen verborgen. So ist kein Keller für die haustechnischen Anlagen erforderlich, was eine äußerst wirtschaftliche Maßnahme darstellt. Auch Dachflächen können für Terrassen genutzt werden, ohne durch technische Aufbauten eingeschränkt zu werden.

360° Ansicht

Präsentation

Erläuterungsbericht

Die beiden Zufahrtstraßen aus Südwesten und Osten (mit Wendehammer) münden in einem Platz – dem offenen Forum – zwischen drei landschaftlich eingebetteten, eingeschossigen Hügeln und einem Wasserbecken. Durch die eindeutige Kennzeichnung von Bodenbelägen am Wendehammer im Osten und die Wendemöglichkeit im Südwesten mit PKW-Stellplätzen vor dem Forum ist die Entzerrung von PKW-, Fahrrad-, und Fußgängerverkehr sichergestellt. Die historische Obstwiese im Süden und das Artenschutzgebiet im Norden sind über einen landschaftlich geprägten Pfad zwischen den „Hügeln“ verbunden. Auf diesen drei Hügeln, über dem Forum und dem südlich gelegenen Wasserbecken, ruht ein zweigeschossiges „Ringgebäude“ mit Büros. Dessen „Hof“ bildet mit dem Forum und den angrenzenden Allgemeinflächen (in den „Hügeln“) einen offenen Binnenraum über drei Etagen. An der „Kreuzung“ aus dem Landschaftspfad und den Zugängen im Forum entsteht ein Platz hoher Aufenthaltsqualität für Veranstaltungen im Freien. Diese großzügige, Identität stiftende Kommunikationsfläche für unterschiedliche Nutzer ist gleichsam das Foyer der Anlage.

Die im Norden anschließende grüne Achse wird im Wettbewerbsareal fortgeführt und hier zur fußläufigen Haupterschließung als Promenade ausgestaltet. Diese erhält durch zum Wasser orientierten Sitzmöglichkeiten und lockeren Baumpflanzungen eine hohe Aufenthaltsqualität und lädt, neben ihrer Erschließungsfunktion, zum Verweilen ein. Im südlichen Bereich schließt die grüne Achse an den Quartiersrundweg und den Naturraum der Streuobstwiese an. Auch hier werden durch Sitzstufen Aufenthaltsbereiche geschaffen, die den Blick in die Landschaft öffnen und die Natur erlebbar machen. So verknüpft die Promenade den urbanen Raum des Quartiers mit dem umliegenden Landschaftsraum und bildet so ein elementares Bindeglied zwischen beiden Kulturlandschaften. Die Ost-West-Verbindung wird als shared space ausgestaltet, die Zufahrt für den MIV soll nur in Ausnahmefällen möglich sein.
Zentral, im Herzen des neuen Gebäudekomplexes, entsteht ein attraktiver Platzbereich, der sowohl die grüne Achse als auch die Ost-West-Verbindung aufnimmt. Außengastronomie, zahlreiche Sitzmöglichkeiten und Arbeitsplätze erzeugen hier eine einladende Atmosphäre, generieren einen zentralen Treffpunkt und schaffen einen Anlaufpunkt im Areal. Durch flexible Ausstattungselemente wird die Funktion als Foyer im Außenbereich zusätzlich gestärkt.
Die großzügige Wasserfläche im nördlichen Bereich dient als Retentionsbecken an deren südlicher Uferkante Erholungssuchende ein Angebot an Sportgeräten vorfinden. Ergänzend zu dieser naturnahen Wasserfläche findet sich im südwestlichen Bereich ein repräsentativer Wasserspiegel, der an den zentralen Platzbereich anschließt, diesen zusätzlich belebt und durch Verdunstungskühle zur Aufenthaltsqualität beiträgt. Der nordwestlich des Gebäudes gelegene Grünhügel dient als Informationslandschaft zum Thema erneuerbare Energien, vermittelt deren Funktionsweisen und macht das Thema Energie erlebbar. Auf den Dachflächen setzt sich das Thema der Energiegewinnung fort. Großflächige PV-Anlagen in extensiver Dachbegrünung bilden eine Symbiose aus Technik und Natur aus.

An der östlichen Zufahrt an das Grundstück – von der L 241 aus – ist ein Wendehammer für PKWs vorgesehen. Dennoch kann der Anlieferverkehr über eine Verlängerung der Zufahrt in Richtung Forum für das Restaurant und die Büros erfolgen, ohne in den Innenhof hineinfahren zu müssen.
Auch Radfahrer und Fußgänger gelangen über den Wendehammer hinweg zwischen den beiden östlichen Landschaftshügeln in den Hof und weiter Richtung Südwesten. An der südwestlichen Ecke erreicht man vom Von-Schöfer-Ring im Freien befindliche Stellplätze und den Drop Off. Wie an einer normalen Vorfahrt können PKWs auch wenden, ohne in den Hof einzufahren. Das Forum bleibt autofrei.
Besucher gelangen an der Stelle in den Innenhof und zum Hauptzugang in den Brainergy-Hub. Fahrradfahrer erreichen vor dem Innenhof die Fahrradgarage, die sich im ersten, westlichen Landschaftshügel befindet. Im Süden des Hügels erstreckt sich das Wasserbecken unter dem Büro-Ring in Richtung Obstwiese. Von der Obstwiese kann man sich fußläufig oder mit dem Fahrrad ungehindert über das Forum bewegen und das Artenschutzgebiet bzw. den nördlichen Teil des Brainergy Parks besuchen. Die Feuerwehr kann im Osten und Südwesten zufahren, eine Einfahrt in den Hof ist nicht nötig.
Der Haupteingang mit Foyer, Empfang, Information Café-Bar befindet sich von der Zufahrt vom Von-Schöfer-Ring weithin sichtbar im südöstlichen Landschaftshügel. Von dort gelangt man in die darüberliegenden Büroeinheiten. Je nach Vermietungskonzept und je nach Anzahl verschiedener Nutzer ist ein weiterer Eingang mit kleinem Empfang im Hügel gegenüber vorgesehen, der eine weitere, unabhängige Adresse in die Bürobereiche sicherstellt. Dort befindet sich auch die wandelbare Multifunktionsfläche. Über eine Freitreppe am Foyer der Multi-Fläche erreicht man auch auf kurzem Wege die Eventfläche mit Loggia, die sich im ersten Ringgeschoß (OG 1) befindet.
Die Allgemeinflächen wie das Restaurant mit Außen-Sitzbereich Richtung Süden, Beratungsräume Start Up sowie Studentische Arbeitsplätze gruppieren sich um das Forum. Sie besitzen unabhängige Eingänge und maximalen Bezug zum Binnenraum.

Neben den unabhängig zugänglichen Allgemeinflächen in den Landschaftshügeln im Erdgeschoß erfolgt die Erschließung der Büroeinheiten (max. vier Stk. pro Etage) über zwei diagonal am Innenhof liegende Erschließungskerne mit Aufzugsanlagen und jeweils einer Freitreppe. An diesen Kernen liegen in beiden Etagen die sogenannten Netzwerkflächen für je zwei Büromodule. Der zweite Rettungsweg aus den Einheiten erfolgt über Laubengänge an den kurzen Seiten des Innenhofes in die beiden Treppenhäuser, was eine sehr ökonomische Lösung darstellt. Die vermietbare Eventfläche ist über einen Speiseaufzug an die darunterliegende Küche des Restaurants gekoppelt.

„Bürolandschaften mit maximalem Außenbezug“
Der offene Binnenraum am Wasser (das Forum) bedeutet eine maximale Öffnung des Brainergy-Hubs in die umgebende Landschaft und den Brainergy-Park. Alle Allgemeinflächen in den Landschaftshügeln sind niederschwellig erreichbar und vermitteln mit ihren offenen Fassaden am Forum den Charme einer kleinen, mediterran geprägten Piazza. Das Restaurant erhält beispielsweise einen Außensitzbereich in der Südsonne an der Wasserfläche. Die Piazza ist auch für Veranstaltungen unter freiem Himmel geeignet und stärkt das Gemeinschaftsgefühl der Nutzer und die Identifikation mit der Umgebung. Die darüber liegenden Büroetagen auf zwei Ebenen weisen eine Bundtiefe von etwa 14,50m auf. Diese Maß ist für alle gängigen Büro-Typologien von Zelle bis Großraum geeignet und maximal wandelbar konzipiert. Pro Etage liegen jeweils zwei Nutzungseinheiten á 400m² mit Netzwerkflächen. Alle Büromodule erhalten sowohl nach innen in den Hof (das Forum) und nach außen umlaufend Balkone oder Loggien für den Austausch und das Arbeiten unter freiem Himmel.

Tragwerkskonzept
Das Ziel bei dem Entwurf des gewählten Tragwerkes war es, eine wirtschaftliche und nachhaltige Konstruktion zu erzeugen, welche auf die architektonischen Randbedingungen Rücksicht nimmt, die geplante Nutzung integriert, einen effizienten Bauablauf ermöglicht und gleichzeitig einen effektiven Abtrag der statischen Lasten gewährleistet. Hierzu wurden im Rahmen des Wettbewerbes unterschiedliche Konstruktionsvarianten für das Gebäude diskutiert und bewertet, um schlussendlich die Vorgaben der verschiedenen Projektanforderungen in Einklang zu bringen.

Das gewählte Tragwerk der Decken besteht aus Holz-Beton-Verbunddecken, welche durch ein regelmäßiges Trägerraster die Lasten in die Stützen einleiten. Die Decke über dem Erdgeschoss besteht hierbei aus Stahlträgern, für die Decken über den Obergeschossen werden Träger aus Brettschichtholz geplant, in den weitspannenden Eckbereichen soll Bau-Buche zum Einsatz kommen. Die Anforderungen an den Brandschutz werden mittels Nachweises, des durch Teilabbrand reduzierten Restquerschnitts ebenfalls eingehalten. Sowohl von außen, als auch von innen sind das Tragsystem und der Lastabtrag direkt ablesbar. Der vertikale Lastabtrag erfolgt größtenteils mit Hilfe von schlanken Verbundstützen, welche in einem regelmäßigen Raster (ca. 13x4m) angeordnet werden und über alle Geschossebenen durchlaufen.

Die Wandscheiben der Treppenhauskerne dienen neben dem Abtrag von Vertikallasten zusätzlich zur horizontalen Aussteifung des Gebäudes infolge Horizontallasten (z.B. Wind). Auch diese Aussteifungskerne sind so angeordnet, dass sie ohne Lasttransfers die Kräfte über alle Ebenen effektiv ableiten können. Die Sockelgebäude im Erdgeschoss werden in Recycling-Stahlbeton geplant und dienen punktuell als Auflager für den Tragrost der Decke über EG. Die Gründung wird entsprechend der vorliegenden geotechnischen Voruntersuchungen als Flachgründung (elastisch gebettete Bodenplatte) vorgesehen.

An den Oberflächen zum Forum erhalten die öffentlichkeitsrelevanten Nutzungen in den Landschaftshügeln im Erdgeschoß eine Pfosten Riegel Glaskonstruktion. Wo sinnvoll, werden auch opake Sekundär-Aluminium-Paneele in rostrotem Farbton eingesetzt. Die Büroetagen besitzen zu den Holzdecken eingerückte Elementfassaden (Ausbauraster 1,35m) mit bodentiefer Verglasung. Um ein sinnvolles energetisches Verhältnis zwischen offenen und geschlossenen Elementen zu erzielen, weisen die nötigen Öffnungsflügel zur natürlichen Belüftung opake Oberflächen auf. Die Büros besitzen zudem einen seilgeführten, außenliegenden Sonnenschutz aus textilem Gewebe.

Durch den Entfall eines Kellergeschosses, durch den Einsatz von nur zwei Erschließungskernen, den hohen Vorfertigungsgrad der beiden Büro-Etagen (Stahl-Holz Konstruktion) und industriell gefertigter Elementfassaden ist der Brainergy Hub wirtschaftlich zu errichten. Zum Teil kompensieren die genannten Maßnahmen einen etwas erhöhten Aufwand durch begrünte Landschaftshügel mit allgemeinen Nutzungen und größeren Fassadenoberflächen.

Energiekonzept

Ganzheitliches Energiekonzept
Das Energiekonzept stützt sich auf passive Maßnahmen zur Reduktion der Bedarfe an Heizen, Kühlen und elektrischem Strom sowie auf den Einsatz effizienter Anlagen- und Speichertechnik, um den Restbedarf an benötigter Energie äußerst nachhaltig decken zu können.

Energieerzeugungskonzept
Die Energieversorgung des Gebäudes richtet sich nach dem Leitgedanken des Brainergyparks und rückt das Prosumer-Konzept in den Fokus. Das Gebäude soll sich vorrangig aus dem Low-Ex-Netz mit Heiz- und Kühlenergie versorgen und gleichzeitig durch den Einsatz eigener Energieerzeugung und -speicherung netzdienlich sein. Der Anschluss an das Low-Ex-Netz erfolgt mittels eines systemtrennenden Plattenwärmetauschers. Im Sinne des Prosumer-Gedankens ist es möglich, Energie zwischen dem Gebäude und dem Low-Ex-Netz in beide Richtungen zu übertragen.

Die Energieerzeuger im Gebäude werden so ausgelegt, dass sie den maximalen Leistungsbedarf decken können. Bei geringerem Leistungsbedarf des Gebäudes können überschüssige Wärme oder Kälte und elektrischer Strom erzeugt und in das Low-Ex-Netz bzw. in das Gleichstromnetz des Parks eingespeist werden. Um überschüssige Energie, entweder aus der gebäudeeigenen Erzeugung oder aus dem Parknetz, zu speichern, sind ein Eisspeicher- und ein Batteriespeichersystem vorgesehen.

Das Eisspeichersystem ist ausgelegt auf eine saisonübergreifende Wärmespeicherung. Im Winter wird mittels Wärmepumpen der Eisspeicher beladen. Im Sommer wird die eingespeicherte Kühlenergie dann genutzt, um das Gebäude zu kühlen. Der Kältebezug aus dem Low-Ex-Netz wird somit minimiert. Circa 30 – 50 % des sommerlichen Kühlbedarfes soll aus dem Eisspeichersystem gedeckt werden. Weitere ca. 10 % des Kühlbedarfs sollen über freie Kühlung mittels der hybriden Rückkühlwerke gedeckt werden. Der restliche Kühlbedarf wird direkt aus dem Low-Ex-Netz gedeckt. Die im Sommer bereitgestellte Temperatur von maximal 14 °C ist ausreichend niedrig, um die Kälteübergabesysteme trotz zwischengeschalteter Systemtrennung größtenteils direkt zu versorgen. Da das Angebot an Umweltenergie für Heizzwecke am Standort zu gering ist, stützt sich die Gebäudebeheizung rein auf Abwärmenutzung und auf das Low-Ex-Netz.

Der Batteriespeicher wird durch die PV-Anlage und durch die Brennstoffzelle beladen. Ebenso können Überschüsse aus dem Gleichstromnetz des Parks eingespeichert werden. Die gespeicherte Energie wird genutzt, um das Gebäude in Zeiten ohne solares Angebot zu versorgen. Sind die Batteriespeicher voll beladen, wird überschüssiger Strom in das Gleichstromnetz des Parks eingespeist. Durch den Batteriespeicher soll das Gebäude weitestgehend autark vom Netz betrieben werden können. Entsprechend groß werden die Batterien geplant. Um die Maßnahme wirtschaftlich zu kompensieren, ist der Einsatz von Second Life-Batterien angedacht.

Die Brennstoffzelle ist auch als Antwort auf die im Park vorgesehene Wasserstoff-Infrastruktur zu verstehen. Demonstrativ soll hiermit eine Technologie der Zukunft im praktischen Einsatz zur Schau gestellt werden. Es ist angedacht, eine innovative Hochtemperatur-Brennstoffzelle zu Einsatz zu bringen – beispielsweise eine SOFCBrennstoffzelle der Fa. Bosch (siehe z.B. unter: https://www.bosch-presse.de/pressportal/de/de/stationaerebrennstoffzelle-bosch-will-2024-mit-serienfertigung-starten-221952.html). Eine solche oxidkeramische Brennstoffzelle kann wahlweise mit Erdgas bzw. Methan oder auch direkt mit Wasserstoff versorgt werden. Die Abwärme der Brennstoffzelle wird zu Heizzwecken genutzt. Es ist ebenso denkbar, mit der Brennstoffzelle eine Absorptionskältemaschine zu betreiben. Dies ist aktuell noch nicht Bestandteil des Konzeptes.

Über dem gesamten System aus Energieerzeugung und -speicherung steht eine zentrale Datenerfassung, -aufbereitung und -verwertung. Im Rechenzentrum des Gebäudes, dem „Brain“, laufen alle Daten zusammen. Der Bedarf des Gebäudes wird stetig mit dem Angebot aus Umwelt, Speichern und dem Low-Ex-Netz abgeglichen und entschieden, welche Versorgungsart aktuell die ökologischste und wirtschaftlichste ist. So ist es z.B. vorstellbar, die Kälte zeitweise ausschließlich aus dem Low-Ex-Netz zu entnehmen und nicht die gebäudeeigenen Erzeuger zu nutzen, da die Kälteerzeugung des Netzes zu dieser Zeit wirtschaftlicher und ökologischer erfolgen kann. Die Führungsgröße des Brains ist stets die Nachhaltigkeit des gesamten Parkes und nicht nur die des Gebäudes.

Raumklimakonzept
Das Raumklimakonzept unterscheidet zwischen der Klimatisierung der Büros und der Besprechungsräume, sowie von Nebenräumen, WC-Anlagen und Technikbereichen und sonstigen Sonderbereichen (Küche, Fitness, Gastronomie …). Beschrieben wird hier exemplarisch der Bürobereich, wobei auch die anderen Bereiche nach der gleichen Herangehensweise realisiert werden, d.h. intelligente Reduzierung der Nutzenergiebedarfe und effiziente Deckung der verbliebenen Bedarfe durch hochwertige Technik.

In den Büroflächen erfolgt eine bedarfsgeführte, maschinelle Belüftung mit einem spezifischen Luftwechsel von 5 m³/(h*m²) mit hocheffizienten Ventilatoren, wodurch sowohl eine Reduktion der Lüftungswärmeverluste als auch eine Reduktion der Förderenergie erreicht wird. Eine Befeuchtung ist aus energetischen und hygienischen Gründen nicht geplant, durch den Einsatz von Rotationswärmetauschern ist aber dennoch eine Feuchteregulierung im begrenzten Maße möglich und auch die Begrenzung der Luftmengen wirkt sich im Winter positiv auf die relative Raumluftfeuchte aus; je weniger Menschen sich gerade im Raum aufhalten, desto weniger Luft wird eingebracht. Diese spezifische Luftmenge wird in der Planung durch eine Simulation geprüft und weiter optimiert. Die Luftführung erfolgt in den Flurbereichen und wird über die Luftauslässe der Multifunktions-Heiz- und Kühlsegel (z.B. AVACS der Fa. Krantz) in die Büros eingebracht. Über dieses System können im Bedarfsfall hohe Lasten bei einem geringen Deckenaufbau abgeführt werden, ohne dass eine Beeinträchtigung des thermischen Komforts besteht. Das AVACS-System ist sehr reaktionsschnell und so ideal zur Einbindung in die Digitalisierungsstrategie geeignet. Die Abluft wird direkt an den Flurkoffern auf der den Luftauslässen gegenüberliegende Seite sowie in WCs abgeführt. Somit entsteht eine gute Luftzirkulation und im Falle einer Unterteilung der Multi-Space-Büros erhalten die Räume die Möglichkeit einer Einzelraumregelung. Die Ausbildung von Zonierungen ist variabel möglich, wodurch ein hoher thermischer Komfort für alle Mitarbeiter erreicht wird. Die Deckensegel sind akustisch aktiv und erfüllen somit die wichtige Aufgabe, die im Großraum Büros notwendige Schall-Absorption zu generieren. Die Beleuchtung erfolgt über abgehangene, auf die Digitalisierung abgestimmte LED-Leuchten.

In Summe entsteht so ein Raumklimakonzept, welches:
– hohen thermischen Komfort (nach DIN EN 15251), raumakustischen Komfort (nach DIN 18041, bzw. VDI 2569) sowie visuellen Komfort sicherstellt,
– mit seinen Heiz- / Kühlelementen ideal auf eine Open-Space-Gestaltung mit hoher Belegungsdichte ausgelegt ist und gleichzeitig flexible Unterteilungen ermöglicht,
– ohne großen Aufwand auf Umbauten reagieren kann,
– auf die neuen Möglichkeiten der Digitalisierung abgestimmt ist,
– den Fokus auf den Gesamteindruck für die Nutzerwahrnehmung und die Funktionalität und weniger auf erhöhte Ausbauqualitäten legt.

Die Besprechungs- und Konferenzbereiche unterscheiden sich von den Büros lediglich aufgrund eines erhöhten Luftwechsels von 12 bis 14 m³/h/m². Hierfür können Multifunktionssegel mit größeren Luftauslässen eingesetzt werden, wodurch ein gleichbleibendes System zwischen Büro und Besprechungsräumen ermöglicht wird. Kleinere Think-Tanks können je nach akustischen Anforderungen geschlossen oder offen ausgeführt werden – die geschlossenen Think-Tanks erhalten eine Zuluft von oben, was dank der Luftführung im Flurbereich problemlos möglich ist.

Die weiteren Nutzungsbereiche (Nebenräume, WC-Anlagen und Technikräume) erhalten nach Bedarf Heizelemente und eine maschinelle Be- und Entlüftung zum Feuchteschutz der Gebäudesubstanz. Zur Versorgung der Heiz- und Kühlkreise und zur Bereitstellung elektrischer Energie ist ein äußerst nachhaltiges, aber gleichzeitig überschaubares Energieerzeugungskonzept vorgesehen

Cradle to Cradle

Das Projekt wird in Bezug auf den Lebenszyklus optimiert. Die wirtschaftlichen Vorteile z.B. in Bezug auf Risikominimierung und Mietpreissteigerung sollen zu Projektbeginn diskutiert und das Vorgehen gemeinsam festgelegt werden. Grundsätzlich sind die folgenden Ansätze bereits berücksichtigt, bzw. werden vorgeschlagen.

Die gesamte Gebäudetechnik ist Lebenzykluskostenoptimiert; dieses bedingt insbesondere die optimierte Anordnung der Schacht- und Technikflächen, sowie eines übergeordneten effizienten Lüftungskonzepts. Durch die optimale strategische Platzierung der RLT-Anlage und die Vermeidung von einer langen kanalgebundenen Außen- und Fortluftführung lassen sich die Lufttransportkosten auf ein Minimum reduzieren.

Neben der optimalen Anordnung aller Flächen spielt die Integration des Cradle-to-Cradle (C2C)-Ansatzes eine wichtige Rolle in dem Projekt. In Zeiten, in denen der Energiebedarf der Gebäude während der Nutzungszeit immer geringer wird, nehmen der Energieeinsatz und die Emissionen, welche bei der Herstellung von Materialien aufgewendet werden, einen immer höheren Stellenwert ein. Nach dem C2C – Prinzip sollen Gebäude so konzipiert werden, dass sie nach Ablauf ihrer Lebensdauer nicht zu Abfall werden, sondern selber wieder ein Rohstoff darstellen. Auch wenn aus wirtschaftlichen Gründen kein Plus Energie Standard angestrebt wird, soll es Teil des Planungsansatzes sein „das Gebäude als Rohstoffdepot“ zu verstehen.

Ferner stehen der Mensch und sein Wohlbefinden im Mittelpunkt des C2C – Prinzips, weswegen bei allen verwendeten Materialien neben der Recyclingfähigkeit auch höchste bauökologische Anforderung und maximale Umwelt der Anforderungen und Gesundheitsverträglichkeit im Mittelpunkt stehen. So können schadstofffreies Bauen und ein minimierter Energieverbrauch kombiniert werden. Dank klarer, verständlicher Vorgaben an das Planungsteam, Integration in die Ausschreibung und Kontrolle bei der Umsetzung kann so zu gleichen Bauwerkskosten ein Gebäude der nächsten Generation entstehen, ein gesundes Gebäude als Rohstofflager, das bei jedem Um- und Rückbau noch einen Restwert aufweist.

Diese hohen Anforderungen an die Materialien führen ebenfalls zu einer weit überdurchschnittlichen Luftqualität, sodass das Gebäude als „sehr schadstoffarm“ eingestuft werden kann. Hierdurch ist es möglich, die gleiche oder sogar eine bessere Luftqualität bei reduzierten mechanischen Luftvolumenströmen zu erzielen. Neben der Komfort- und Produktivitätssteigerung sowie den gesundheitlichen Vorteilen bei den Nutzern entstehen dem Auftraggeber damit im Lebenszyklus auch wirtschaftliche Vorteile, da Anlagengrößen RLT und der Betriebsstrom reduziert werden können.

Die Realisierung großer, offener Grundrisse, der Verzicht auf Heizkörper sowie die Vermeidung schlecht zugänglicher Ecken, Winkel und Nischen tragen zu einer hohen Reinigungsfreundlichkeit und damit niedrigen Betriebskosten bei. In vergleichbarer Weise werden auch Ausbaudetails optimiert, z.B. keine WC-Trennwände mit Stützfüßen, reinigungsfreundliche Waschtische / Seifenspender etc.

Piktogramm: Variantenvergleich nach der Lebenszykluskostenmethode

Außerdem werden alle größeren Entscheidungen während der Planung nach mit dem Auftraggeber abgestimmten Randbedingungen einer Lebenszykluskostenbewertung unterzogen. Die in der Grundlagenermittlung Technik genannten Randbedingungen bezüglich Kostensteigerungen, Kapitalzins etc. werden hierzu nochmals mit dem Auftraggeber verifiziert und dann für Variantenvergleiche genutzt. So soll sichergestellt werden, dass nicht immer die niedrigsten Investitionskosten, sondern die im Lebenszyklus wirtschaftlichste Systemwahl unter Berücksichtigung von Instandhaltung, Betriebskosten und Ersatzinvestitionen getroffen wird.

Innerhalb des bauphysikalischen Gesamtkonzepts wird unter Berücksichtigung des Wirtschaftlichkeitsprinzips ein besonderer Fokus auf die Einhaltung hoher Ansprüche bezüglich thermischen, akustischen und visuellen Komforts auch bei hoher Belegungsdichte gelegt.

Um die hohen energetischen Ziele und den sommerlichen sowie winterlichen Wärmeschutz der Auslobung umsetzen zu können, wird eine Reihe passiver Maßnahmen umgesetzt.

Zu diesen Maßnahmen gehören:
– Einhaltung eines maximalen Verglasungsanteiles von ca. 70 %
– Gezielte Reduktion des Verglasungsanteils auf ca. 50 % in südlich ausgerichteten Räumen
– Einsatz eines hochwirksamen und automatisch gesteuerten Sonnenschutzes auf der Außenseite des Gebäudes in allen Himmelsrichtungen (auch Nord)
– Einsatz einer Wärmeschutzverglasung statt einer Sonnenschutzverglasung, um im Winter ausreichend solare Gewinne zu erzielen
– Bewusster Verzicht auf dauerhaft dicht belegte Räume (Belegungsdichte > ca. 10 m² mit Ausnahme von Besprechungs- und Konferenzräumen)
– Nutzung der freien Nachtauskühlung über die maschinelle Be- und Entlüftung

Insgesamt können somit gleichermaßen eine wirtschaftliche Optimierung des Energiebedarfs sowie ein zukunftsfähiges Raumklimakonzept geschaffen werden, welches die Produktivität, Zufriedenheit und Gesundheit der Nutzer fördert. Eine Zertifizierung nach dem Standard DGNB Gold kann so wirtschaftlich erreicht werden.

Acht Projekte aus Phase 2